Beteiligte im Zivilprozess

Allgemeines

Der Zivilprozess ist das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Streitsachen. Am Zivilprozess sind beteiligt:

  • Die Parteien (als Träger des Streits)
  • Die Parteienvertreter (als rechtskundige Bevollmächtigte der Parteien)
  • Das Gericht (als Entscheidungsinstanz)

Weiters können beteiligt sein:

  • Zeugen und Sachverständige, die durch ihre Aussagen bzw. Gutachten dazu beitragen, dass das Gericht den entscheidungswesentlichen Sachverhalt feststellen kann
  • Bei Schwierigkeiten mit der Amtssprache auch Dolmetscher

Parteien

Die Parteien im Zivilprozess sind die klagende und beklagte Partei. Sie sind vor Gericht gleichgestellt.

Parteifähigkeit

Die Fähigkeit, in einem Zivilprozess "Partei" sein zu können, nennt man die Parteifähigkeit. Parteifähig ist jede rechtsfähige Person, also eine Person, die sowohl Rechte als auch Pflichten besitzen kann. Alle Menschen (natürliche Personen) und auch juristische Personen (Gesellschaften etc.) sind Träger von Rechten und Pflichten.

Hinweis

Parteifähigkeit ist nicht gleichbedeutend mit Handlungsfähigkeit (Prozessfähigkeit). Es kann also beispielsweise ein dreijähriges Kind geklagt werden, wenn es Eigentum aus einem Erbfall besitzt, obwohl es nicht selbstständig vor Gericht handeln kann.

Prozessfähigkeit

Die Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit einer Partei, selbst oder durch eine selbst gewählte Vertretung Prozesshandlungen vorzunehmen (z.B. Anträge stellen, Rechtsmittel ergreifen).

Grundsätzlich ist eine Person prozessfähig, wenn sie handlungsfähig ist. Das heißt, die Person kann durch eigenes Verhalten Rechte und/oder Pflichten begründen. Bei juristischen Personen bezieht sich die Prozessfähigkeit auf die Person(en), die zur Vertretung nach außen befugt ist (sind).

Postulationsfähigkeit

Die Postulationsfähigkeit ist die Fähigkeit, in eigener Person rechtswirksam Prozesshandlungen vorzunehmen. Grundsätzlich ist jede prozessfähige Person auch postulationsfähig. Dies gilt allerdings nur, wenn kein Anwaltszwang besteht. Wenn eine anwaltliche Vertretung zwingend vorgesehen ist, ist nur die Rechtsanwältin/der Rechtsanwalt ( ÖRAK) (anstelle der Vertretenen/des Vertretenen) postulationsfähig.

Parteienvertreter

Grundsätzlich kann jede Person vor Gericht selbst handeln. Die Vertretung durch eine Rechtsanwältin/einen Rechtsanwalt ( ÖRAK) ist jedoch in folgenden Verfahren vor einem Zivilgericht zwingend erforderlich (absolute Anwaltspflicht):

  • Verfahren vor den Bezirksgerichten ( BMJ) mit einem Streitwert von mehr als 5.000 Euro, sofern keine sogenannte Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte vorliegt. Eine Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte liegt ohne Rücksicht auf den Streitwert vor z.B. bei Vaterschafts-, Unterhalts-, Grenz-, Besitzstörungsstreitigkeiten, ehelichen Streitigkeiten und Streitigkeiten bei eingetragenen Partnerschaften, bestimmten Streitigkeiten aus Bestandverträgen (z.B. Mietverträgen) und Streitigkeiten wegen Viehmängeln
  • Verfahren vor allen höheren Gerichten (Landes- und Oberlandesgerichte, Oberster Gerichtshof)

Bei relativer Anwaltspflicht müssen sich die Parteien nicht vertreten lassen. Wenn sich aber eine Partei vertreten lässt, muss es durch einen Rechtsanwalt sein. Relative Anwaltspflicht besteht in folgenden Fällen, sofern am Ort des Gerichts wenigstens zwei Rechtsanwälte ihren Sitz haben:

  • In Ehesachen
  • In Verfahren, die in die Eigenzuständigkeit der Bezirksgerichte fallen, mit einem Streitwert von mehr als 5.000 Euro (z.B. Grenz- oder Besitzstörungsstreitigkeiten)

Auch ist eine Vertretung durch einen Notar ( ÖNK) möglich, wenn am Amtssitz des Notars weniger als zwei Rechtsanwälte ihren Kanzleisitz haben.

Wenn weder absolute noch relative Anwaltspflicht besteht, können die Parteien selbst vor Gericht handeln oder sich durch eine volljährige Person vertreten lassen. Dies gilt z.B. für Verfahren vor den Bezirksgerichten mit einem Streitwert von bis zu 5.000 Euro oder den Abschluss von Vergleichen vor einem Bezirksgericht (selbst wenn der Streitwert über 5.000 Euro liegt).

Rechtsanwälte, Notare, Richter sowie Beamte der Finanzprokuratur, die die Rechtsanwaltsprüfung abgelegt haben, brauchen als Partei weder in der ersten noch in einer höheren Instanz einen Rechtsanwalt.

Damit ein Rechtsanwalt für eine Partei tätig werden kann, muss sie ihm eine Prozessvollmacht erteilen. Die Prozessvollmacht berechtigt Rechtsanwälte, sofern nicht ausdrücklich anderes vereinbart ist, beispielsweise zu folgenden Handlungen:

  • Anbringung und Empfangnahme der Klage
  • Abschluss von Vergleichen über den Gegenstand des Rechtsstreites
  • Anerkenntnis der von dem Gegner behaupteten Ansprüche
  • Verzicht auf die geltend gemachten Ansprüche
  • Einleitung der Exekution
  • Empfangnahme der Prozesskosten

Der Rechtsanwalt kann die erteilte Prozessvollmacht für einzelne Akte oder Abschnitte des Verfahrens an einen anderen Rechtsanwalt übertragen. Auch können sich Rechtsanwälte in beschränktem Maße durch einen Rechtsanwaltsanwärter vertreten lassen.

Richter

Die Richter sind in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig. Ihre Unabhängigkeit wird dadurch gewährleistet, dass sie auf Dauer ernannt, nicht absetzbar und nicht versetzbar sind. Sie müssen auch keine Weisungen entgegennehmen.

Durch eine feste Geschäftsverteilung wird sichergestellt, dass auf die Verteilung der individuellen Rechtsfälle auf die jeweiligen Richter kein Einfluss genommen werden kann.

Neben den juristisch ausgebildeten Richtern entscheiden etwa in Arbeits- und Sozialrechtssachen auch sogenannte Laienrichter. Diese benötigen keine juristische Ausbildung. Sie sind jedoch aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse als arbeits- oder sozialrechtliche Experten am Gerichtsverfahren beteiligt.

Zeugen

Zeugen müssen – ebenso wie in Strafprozessen – auch in Zivilprozessen vor Gericht aussagen, es gibt nur wenige absolute Ausnahmen von dieser Pflicht.

Folgende Personen dürfen nicht als Zeugen vernommen werden:

  • Beschränkt wahrnehmungsfähige Personen (z.B. paranoid geisteskranke Personen)
  • Geistliche bezüglich aller Aussagen, die sie unter dem Beichtgeheimnis erfahren haben
  • Staatsbeamte, wenn sie das Amtsgeheimnis verletzen würden
  • Eingetragene Mediatoren nach dem Zivilrechts-Mediations-Gesetz, wenn sie Inhalte wiedergeben müssten, die ihnen im Rahmen der Mediation bekannt wurden

Zeugen dürfen unter bestimmten Voraussetzungen die Aussage verweigern. Sie müssen sich beispielsweise nicht äußern zu

  • Fragen, deren Beantwortung sie selbst oder ihre nahen Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen würde
  • Fragen, deren Beantwortung ihnen oder ihren nahen Angehörigen einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Nachteil bereiten würde
  • Dingen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Arzt bzw. Rechtsanwalt anvertraut wurden
  • Dingen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Funktionär bzw. Arbeitnehmer einer gesetzlichen Interessenvertretung oder freiwilligen kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigung in einer Arbeits- oder Sozialrechtssache anvertraut wurden
  • Fragen, die ihr Berufs- oder Geschäftsgeheimnis betreffen
  • Inhalten von Rechtsgeschäften, bei denen sie als Urkundsperson dabei waren (z.B. als Testamentszeuge)

Die Ladung des Zeugen enthält, neben der Benennung der Parteien und einer kurzen Bezeichnung des Gegenstandes der Vernehmung, die Aufforderung, zu der in der Ladung angegebenen Tagsatzung zu erscheinen.

Vom Gericht geladene Zeugen sind verpflichtet, dieser Ladung Folge zu leisten. Sie haben die Möglichkeit, Zeugengebühren in Anspruch zu nehmen, d.h. sie erhalten einen Ersatz für die entstandenen Reisekosten sowie eine Entschädigung für den Zeitaufwand, wenn sie durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil, wie beispielsweise einen Verdienstausfall, erleiden.

Ausnahme: Zeugen, die im öffentlichen Dienst stehen, erhalten lediglich einen Ersatz der Reisekosten. Auch bei Angestellten besteht eine Lohnfortzahlungspflicht des Dienstgebers.

Bei ungerechtfertigtem Ausbleiben kann eine Ordnungsstrafe verhängt werden und die Kosten, die durch das Ausbleiben entstanden sind, können den Zeugen auferlegt werden. Bei wiederholtem ungerechtfertigten Ausbleiben kann die Vorführung der Zeugen angeordnet werden.

Die Zeugen sind außerdem verpflichtet, dem Gericht Fragen darüber, was sie gesehen, gehört oder erlebt haben, wahrheitsgemäß zu beantworten. Eine Falschaussage ist gerichtlich strafbar – darunter fällt auch das vorsätzliche Verschweigen von erheblichen Tatsachen oder das Vortäuschen von Unwissenheit.

Wenn ein Zeuge die Aussage ganz oder teilweise verweigern will, müssen die Gründe der Weigerung bekannt gegeben und glaubhaft gemacht werden.

Verweigert ein Zeuge unberechtigt die Aussage, kann das Gericht Geld- oder Haftstrafen verhängen. Die Haft darf allerdings nicht über den Zeitpunkt der Beendigung des Prozesses verlängert werden und auf keinen Fall die Dauer von sechs Wochen überschreiten.

Sachverständige

Zur Aufklärung des Sachverhalts können im Zivilverfahren auch Sachverständige hinzugezogen werden. Sachverständige sind Menschen mit besonderer Fachkenntnis. Die Sachverständige/der Sachverständige fertigt über einen unklaren Sachverhalt ein Gutachten an (z.B. bei einem Verkehrsunfall). Meist wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens vom Erlag eines Kostenvorschusses abhängig gemacht.

Der Sachverständige wird durch das Gericht ausgewählt. Die Parteien werden von dieser Wahl in Kenntnis gesetzt und haben die Möglichkeit abzulehnen, wenn ausreichende Zweifel an der Unbefangenheit des Sachverständigen bestehen. Die Entscheidung darüber fällt das Gericht mit Beschluss.

Die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen (für eine außergerichtliche Streitbeilegung) findet sich unter www.sdgliste.justiz.gv.at.

Tipp

Eine Auflistung von Bezirksgerichten ( BMJ) findet sich auf den Seiten des Bundesministeriums für Justiz.

Dolmetscher

Wenn sich die Parteien in der Verfahrenssprache nicht hinreichend verständigen können, werden diese vom Gericht angewiesen, für eine entsprechende Vertretung (z.B. durch einen Rechtsanwalt ( ÖRAK)) zu sorgen. Auch kann das Gericht für die Parteien einen Dolmetscher hinzuziehen.

Für Zeugen, die sich in der Verfahrenssprache nicht hinreichend verständigen können, kann das Gericht ebenfalls einen Dolmetscher hinzuziehen. Dasselbe gilt für gehörlose oder taubstumme Personen.

Die Kosten für einen Dolmetscher müssen allerdings die Parteien bzw. schlussendlich der im Prozess Unterliegende tragen (außer es wurde Verfahrenshilfe beantragt).

Für gehörlose oder taubstumme Personen wird vom Gericht ebenfalls ein Dolmetscher hinzugezogen. Die Kosten für einen Dolmetscher in der Gebärdensprache trägt der Staat.

Tipp

Eine Liste von beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetschern ( BMJ) findet sich auf den Seiten des Bundesministeriums für Justiz. In diese Liste können sich auch Dolmetscher aus anderen EU-/EWR-Mitgliedstaaten eintragen lassen.

Bei allen personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter und entspricht damit in diesem Text exakt der gesetzlichen Terminologie der Zivilprozessordnung (Art. 5 ZPO).

Letzte Aktualisierung: 6. Juni 2024

Für den Inhalt verantwortlich: oesterreich.gv.at-Redaktion